Gretel Raab

Erinnerungen eines Mädchens aus Bessarabien

Unsere Katze Frieda

solange ich denken kann haben wir Katzen gehabt. Zuletzt eine rot-weiß gefleckte. War noch jung und wollte nicht hören. Am liebsten saß sie auf dem Tisch, das fand ich entsetzlich, wenn ich daran denke, daß sie Ratten und Mäuse vor unsere Haustüre legte, um zu zeigen wie fündig sie wieder war. Sie hatte unter dem Tisch eine Blechschüssel und mußte wirklich nicht hungern, aber unser Essen war für sie das Beste.

Eines Tages habe ich sie wiedermal an unserem Essen auf dem Tisch erwischt, ich war so wütend, hatte ich sie doch immer wieder gewarnt, aber es half nicht. In meiner Wut habe ich sie mit der Hand vom Tisch geschleudert, sie flog in hohem Bogen gegen die Haustüre und blieb am Boden liegen. Oh Gott, was hab ich jetzt gemacht! Bitte, bitte nicht sterben bettelte ich, aber sie rührte sich nicht. Ich rannte zur Tür, wickel die Katze in meine Schürze und bringe sie in den Garten, lege sie unter den großen Reisighaufen, sodaß sie nicht mehr zu sehen ist.

Ich weiß nicht wie ich es Mama sagen soll. Gottseidank ist sie noch nicht zu Hause, auch Erna ist noch bei ihrer Freundin in der Nachbarschaft. Was sage ich ihnen wenn sie nach Frieda fragen? Ich heule wie ein Hund und bereue was ich getan habe.

Endlich kommt Mama. Sie merkt gleich, daß etwas nicht in Ordnung ist und fragt mich was ich hätte. Ich überlege wie und was ich sagen soll, ich wollte sie nicht töten, aber ich brauchte gar nicht mehr zu Reden, denn Frieda kam ganz langsam aus dem Garten, Diese Freude! Ich bin sprachlos.

Seitdem weiß ich und glaube fest daran: Katzen sind zäh und man sagt sogar, sie hätten mehrere Leben.

Umsiedlungstreck 1940 Frieda ist nie mehr auf den Tisch. Es war eine harte Lektion, aber wirksam! Nie wieder würde ich mit einem Tier so umgehen. Wir waren unzertrennlich.

Leider mußten wir sie im Oktober 1940 zurücklassen. Ich sehe sie noch an der Haustüre sizten als wir für immer von ihr Abschied nehmen mußten. Das Schwein grunzte, die Hühner gackerten, die Kuh im Hof hat sicher lange auf uns gewartet - vergebens.

P.S.:
Sie muß mit dem Kopf an die Tür gefallen sein und war nur betäubt. Nur so kann ich es mir erklären.
© 2006 Stefan Germer